Wie ist die Stimmung?
Interview mit Kandidat:innen des Arbeitskreises zur AK-Wahl
Die Arbeiterkammerwahlen in der Steiermark finden von 16. bis 29. April statt. Wir haben dazu mit Michaela Bigler (MB) und Wolfgang Schwab (WS) gesprochen.
Bald beginnen die Arbeiterkammerwahlen. Worum geht es da eigentlich?
WS: Die Arbeiterkammer ist die gesetzliche Vertretung der arbeitenden Menschen. Sie berät und erwirkt Rechtsansprüche für ihre Mitglieder, begutachtet Gesetzesentwürfe und leistet Grundlagenforschung, etwa zu Einkommensfragen, Wohnungspreisen, der Arbeitswelt etc. Über die inhaltliche Ausrichtung entscheiden die AK-Mitglieder bei den alle fünf Jahre stattfindenden Wahlen.
MB: Wichtig ist, dass fast alle unselbstständig Erwerbstätigen wahlberechtigt sind, die am Stichtag, (3. Jänner 2024) Mitglied der steirischen Arbeiterkammer waren. Die Staatsangehörigkeit spielt bei der AK-Wahl keine Rolle.
Und warum möchtet ihr in der Arbeiterkammer für den GLB-KPÖ vertreten sein?
MB: Ich arbeite bereits seit 33 Jahren in den GGZ in der Pflege, deswegen liegen mir die Sorgen und die berechtigen Bedenken der Kolleg:innen sehr am Herzen. Ich möchte auch in der Arbeiterkammer Sprachrohr der Anliegen meiner Kolleg:innen sein. Denn der GLB-KPÖ macht nicht leere Versprechen zu Wahlzeiten, sondern setzt sich über die gesamte Periode für die Anliegen der AK-Mitglieder ein. Es gibt also auch eine Zeit nach der Wahl. Der GLB-KPÖ ist menschennahe, authentisch und vor allem nimmt er sich proaktiv den Krisenthemen an. Mit Georg Erkinger als Spitzenkandidat für die AK-Wahl sind wir da sehr gut aufgestellt, denn er bietet der derzeitigen Schönwettermentalität innerhalb der AK Paroli.
WS: Seit Jahrzehnten kämpft der Sozialbereich um faire Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Der heutige Mangel an Arbeitskräften ist unsere Chance hier endlich aufzuholen und zu fordern, was uns zusteht!
Wie könnte die AK euch hier unterstützen?
WS: Mit einem starken GLB-KPÖ sehe ich einfach mehr Möglichkeiten auch innerhalb der AK Druck aufzubauen und die AK als Sprachrohr für unsere Anliegen zu nutzen.
MB: Für mich ist die derzeitige Ausrichtung der AK mit diesen Krisen umzugehen nicht zufriedenstellend – die Lösungsansätze sind zu kurzfristig. Dabei befinden wir uns in einer Ausnahmesituation mit Mehrfachkrisen: Inflation, Überteuerung, Mieten, Energie etc.
Ihr seid beide in euren Betrieben gewählte Personalvertreter:innen. Wie ist die Stimmung bei
euch? Wo seht ihr die drängendsten Probleme in der Pflege?
MB: Es geht viel um den zukünftigen Bedarf. Dabei werden die Kolleg:innen, die derzeit im Beruf sind, oft vergessen. Wir sind es, die das System aufrechterhalten, obwohl es überall brennt. Nimmt man zum Beispiel den Pflegebonus, dann wurde dieser wohl bewusst so gestaltet, dass nur ein Teil diesen bezieht. Das schafft untereinander wenig Einigkeit und anstatt uns gemeinsam gegen diese Ungerechtigkeit aufzulehnen, wird viel innerhalb der Pflege diskutiert. In Wahrheit zeigt es aber auch die geringe Wertschätzung der verantwortlichen Politiker:innen in Bund und Land. Gleichzeitig werden wir unterschätzt. Denn natürlich ist die Solidarität in der Pflege noch weit verbreitet. Wir tauschen uns über Missstände aus und was man dagegen unternehmen kann. Die Stimmung würde ich daher als kämpferisch sehen.
WS: Die Lage ist seit langem sehr ernst, ebenso die Stimmung. Nicht umsonst haben wir ja mit der Kampagne "In der Pflege brennt der Hut" 12.500 Unterschriften zusammen bekommen. Die Kolleg:innen, die derzeit noch im Beruf sind, leisten Großartiges. Leider ist aber unter den jetzigen Rahmenbedingungen vieles nicht möglich und das bekommen die Beschäftigten immer stärker zu spüren. Nehmen wir zum Beispiel die Personalausstattungsverordnung des Landes. Durch diese wird der Personalschlüssel im Langzeitbereich geregelt. Derzeit geht es laut Vorgaben vorrangig um die Verhinderung von Pflegemängeln und Verwahrlosung. Das kann doch nicht das Ziel der Versorgung sein. Gleichzeitig zermürbt dies die Kolleg:innen im Dienst. Wir wollen unseren Patient:innen und den zu Pflegenden die hohe Qualität bieten, die wir erlernt haben und die unser Maßstab an uns selbst ist. Das ist mit der derzeitigen Vorgabe jedoch nicht möglich. Sie deckt nicht einmal jenen Stundenbedarf ab, der den Personen per Pflegegeldbescheid zusteht.
Ist der derzeitige Arbeitskräftemangel eine Chance für die Pflege?
WS: Ja, auf jeden Fall. Dieser Mangel ermöglicht es, dass wir unsere Forderungen viel vehementer vorbringen können. Politik und Betriebsleitungen müssen uns jetzt mehr entgegenkommen als vorher, weil wir deutlich mehr Druckmittel in der Hand haben.
MB: Das Thema Pflege wird uns noch sehr lange als eine große Herausforderung begleiten. Ich persönlich glaube, dass sofern nicht langfristige, zufriedenstellende Lösungen für Pflegende und pflegebedürftige Menschen erarbeitet werden, es zu Worst-Case-Szenarien kommen wird. Der Höhepunkt ist leider noch nicht vorüber, denkt man etwa an den akuten Personalmangel, die überbordenden Arbeitszeiten, die schlechten Gehälter, die ständige Abrufbereitschaft und das
Pensionsantrittsalter, das vor allem viele Frauen möglichweise, nur mit Abschlägen erreichen werden.
Wie eingangs erwähnt, arbeitet die Regierung mit Einmalzahlungen. Was sind eure Forderungen?
MB: Es braucht tatsächliche Änderungen der Rahmenbedingungen. Alles andere sind lediglich kosmetische Korrekturen, die nichts an den Grundbedingungen ändern. Einmalzahlungen verpuffen, sie sind nicht pensionsrelevant und werden größtenteils von den Steuern aufgefressen.
WS: Belastende Arbeitsbedingungen in Spitälern, Pflegeheimen oder in der Hauskrankenpflege, mangelnde Wertschätzung von oben, Personalmangel im Gesundheits- und Sozialbereich. Damit sich das ändert, braucht es den Druck der Beschäftigten und deren gesetzlicher Interessensvertretung, der Arbeiterkammer (AK). Nur wenn auch die Arbeiterkammer lautstark ihre Stimme gegenüber der Politik erhebt, können Verbesserungen erkämpft werden. Bei der AK-Wahl entscheiden wir über die inhaltliche Ausrichtung in den nächsten fünf Jahren!
Veröffentlicht: 15. April 2024