„Eine laute Stimme kann Veränderungen anstoßen“
Trotz offenkundiger Probleme im Gesundheits- und Pflegebereich, spielt die Landesregierung auf Zeit. Die Pflege in Bewegung traf Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ) zum Gespräch über die steirische Gesundheitspolitik – und darüber, wie man Dinge doch zum Positiven wenden kann.
PFLIB: Liebe Claudia, du bist schon seit fast 20 Jahren im Landtag und von Anfang an waren Gesundheit und Pflege Themen, für die du dich engagiert hast. Wenn du zurückblickst, was fällt dir auf?
Claudia Klimt-Weithaler: Aktuell erleben wir ein Déjà-vu. Es gibt mehrere Themen, die wir eigentlich schon hinter uns hatten. Eine unserer ersten Initiativen im Landtag war es, den Erhalt der Spitäler zu sichern. Dieser Antrag wurde damals einstimmig angenommen. Im Vordergrund stand, dass die Bevölkerung gerade beim sensiblen Thema Gesundheitsversorgung Sicherheit braucht. Leider war das Bekenntnis von SPÖ und ÖVP nicht viel wert, wie wir heute wissen. Es ist kein Wunder, dass die Menschen das Vertrauen verlieren, wenn auf der einen Seite Krankenhäuser geschlossen werden und auf der anderen Seite eine klare Unterversorgung herrscht. Menschen warten monatelang auf OP-Termine, bekommen keine Facharzttermine mehr im laufenden Jahr und finden kaum Hausärzt:innen.
PFLIB: Reagiert die Landesregierung auf diese Probleme?
Klimt-Weithaler: Nein, sie scheint keine Ahnung von den tatsächlichen Zuständen in der Versorgung zu haben. Landesrat Kornhäusl und Landeshauptmann Drexler von der ÖVP behaupten ständig, sie hätten die Personallücken geschlossen und versuchen die Realität wegzulächeln. Und die SPÖ trägt das kommentarlos mit. Dass diese Einschätzung einfach nicht stimmt, erleben wir aber tagtäglich. Wir brauchen dringend eine Stärkung der öffentlichen Gesundheitsversorgung, nicht den schleichenden Übergang zu Angeboten, die man bezahlen muss.
PFLIB: Aktuelle Studien zeigen, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege verschlechtern. Drei von vier Befragten erwarten eine Verschlechterung, zwei Drittel denken sogar regelmäßig über einen Berufsausstieg nach.
Klimt-Weithaler: Die Probleme sind hausgemacht. Schon Anfang der 2000er-Jahre wurde unter SPÖ-Verantwortung der Boden für gewinnorientierte Pflegeheime aufbereitet. Auch Landeshauptmann Drexler hätte als früherer Landesrat für Gesundheit und Pflege die Weichen stellen können, um rechtzeitig gegenzusteuern. Dennoch wurde zu lange nicht in Ausbildungsplätze investiert und der Personalschlüssel nicht verbessert. Die Steiermark ist beim Personal in den Heimen nach wie vor eines der Schlusslichter. Und leider gibt es auch Rückschritte. Wir haben 2005 durchgesetzt, dass die Heimkontrollen verbessert werden. Nun, 20 Jahre später, hat die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP diese Regelung gekippt. Künftig wird es nur noch eine Qualitätskontrolle pro Heim im Jahr geben wird. So werden Beschäftigte, Bewohner:innen und Angehörige weiter verunsichert.
PFLIB: Seite heuer gibt es ein neues Pflegegesetz, hat das die lang erwarteten Fortschritte gebracht?
Klimt-Weithaler: Positiv ist das, auf Druck der KPÖ das KlientInnentarifmodell bei der mobilen Pflege von Graz auf die Steiermark ausgeweitet wurde. So muss niemand aus Kostengründen in ein Heim. Für die Beschäftigten ist das Pflege- und Betreuungsgesetz aber Großteils eine Ansammlung alter Regelungen. Bedauerlicherweise stießen sämtliche Verbesserungsvorschläge von Leuten aus der Pflege und der Opposition bei der Landesregierung auf taube Ohren.
PFLIB: Durch den Arbeitskreis Gesundheit und Pflege und durch deine Sprechstunden stehst du in engem Kontakt mit Beschäftigten. Was sind die dringendsten Themen, die dir rückgemeldet werden?
Klimt-Weithaler: Was mir die Kolleg:innen aus der Pflege erzählen, steht oft im krassen Gegensatz zu dem, was uns der Landesrat oder der Landeshauptmann berichten. Die Wahrheit ist, dass wir noch weit von einer Entspannung der Lage entfernt sind. Die Maßnahmen der Regierung sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Viele Beschäftigte sagen, dass sie sich vor den Wintermonaten regelrecht fürchten – vor Krankenständen, Infektionen und nicht einmal annähernd genügend Personal, um die grundlegenden Aufgaben abzudecken. Es darf nicht zur Normalität werden, dass Pfleger:innen selbst dauernd im Krankenstand sind, weil sie völlig erschöpft sind. Ein Pfleger brachte es kürzlich so auf den Punkt: Sie wollen eigentlich nur das tun, was sie gelernt haben und einen Lohn bekommen, der zum Leben reicht. Dass man dafür kämpfen muss, ist ein Armutszeugnis für die aktuelle Politik. Gleichzeitig bewundere ich den unermüdlichen Einsatz der Beschäftigten. Trotz aller Einschnitte kämpfen sie immer noch für eine bessere Versorgung – und das unterstütze ich voll und ganz.
PFLIB: Wie kann es gelingen, dass Verbesserungen endlich auch umgesetzt werden?
Klimt-Weithaler: Je stärker wir im Landtag sind, desto schärfer können wir die Missstände benennen. Gemeinsam mit den Beschäftigten und dem Arbeitskreis werde wir dafür sorgen, dass die Verantwortlichen nicht mehr weghören können. Die 12.500 Unterschriften der Pflegepetition haben gezeigt, dass eine laute Stimme Veränderungen anstoßen kann – und das ist genau es, was wir weiter tun werden.
Claudia Klimt-Weithaler ist Klubobfrau der KPÖ im Landtag und dort Sprecherin für Gesundheit und
Pflege. Sie tritt bei der Landtagswahl am 24. November für die KPÖ als Spitzenkandidatin an.
Veröffentlicht: 5. November 2024